500 Tausend Jahre Menschheitsgeschichte am östlichen Riesrand
Mündling Im Rahmen der 20. Rieser Kulturtage begrüßte Manfred Luff vom Arbeitskreis Archäologie in Zusammenarbeit mit dem Heimatverein Mündling die zahlreichen Besucher und den Referenten Dr. Gerd Elvers in Mündling. Für die Koordination dankte er Eva Wenninger und Martin Gehring.
Der Referent, ein weitgereister Archäologe berichtete mit Leidenschaft und mithilfe einer Bilderpräsentation über seine Arbeit in Sachen „Mündling Komplex“ und zog damit von Anfang
an die Besucher in seinen Bann.
In Konsultation mit der Aussenstelle des Bayerischen Landesamtes
für Denkmalpflege Thierhaupten begann der Archäologe 1998 mit einer erneuten Suche. Ein Ansporn war für ihn das
Auffinden eines Faustkeiles 1962 in der Flur Birkau durch A.
Schorer der bewies, dass die Urgeschichte oberflächlich greifbar
war. Bei Bauarbeiten für eine Verbindungstrasse zwischen
Harburg und Sulzdorf konnte ein reichhaltiges neolithisches Inventar
mit Silex und Keramik über die Zeitspanne einer jüngeren Stufe der Linerbandkeramik bis zur Bronzezeit erkundet werden.
Der Referent sprach von einer unglaublichen Zeitachse: Wenn der Faustkeil auf 350.000 Jahre datiert wird, kann es nichtsein, dass dieser isoliert an der Oberfläche gefunden wurde.
Diese Feststellung hat ihn vor dreizehn Jahren veranlasst, dies genauer zu erforschen. Das Suchgebiet erstreckte sich von Wemding über Monheim bis Harburg und umfasst ca. 80
Quadratkilometer. 370 Fundplätze im Areal waren schließlich das Ergebnis. Aufgrund der Erfahrungen von 1988 versprach der Raum um Mündling eine gute Ausbeute. Anfangs beschränkte er sich auf ein kleines überschaubares Gebiet um Fünfstetten und Mündling, das jedes Jahr wiederkehrend über das ganze Jahr von ihm aufgesucht wurde. Durch die Konzentration auf ein begrenztes Untersuchungsgebiet ergibt sich die
Möglichkeit, unter den jeweiligen Bedingungen der oberflächigen
Bodenbeschaffenheit jedes Feld unter optimalen Bedingungen
zu erforschen. Beste Voraussetzungen bieten abgeerntete
durchgepflügte Felder, die nach Regen oder Schneeschmelze
einige Zeit trocken brach liegen.Um sich bei der Suche nicht zu verrennen, waren deshalb
möglichst viele Kontakte und der Austausch von Meinungen erforderlich.
Deshalb hat sich Dr. Elvers zum Motto gemacht:
Man muss manchmal in Sackgassen gehen, dann wieder zurück und noch einmal neu anfangen.
Die Oberflächenfunde sind vielfältigen externen Veränderungen unterworfen, sei es durch Erosion oder Bepflügen. Jede Feldfrucht, ob Weizen, Gerste Roggen, Kartoffeln, Mais, Lupinen oder Klee, erfordert eine unterschiedliche Bodenbearbeitung.
Schwierigkeiten in der archäologischen Arbeit sind nicht ungewöhnlich. Wenn aber über zehn Jahre die Felder begangen worden sind, lassen sich einige Erfahrungsgrundsätze
sammeln. Einer lautet, dass ein Fundplatz prima vista mit einer
hohen Akkumulation an der Oberfläche diese auch später beibehält.
Ein Platz mit anfänglich weniger Funden lässt sich
durch wiederholtes Begehen anreichern.
Es liegt in der Neugierde des Menschen, dass Fundplätze mit einer hohen Artefaktdichte öfters aufgesucht werden als solche
mit weniger. Sie ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Magere
Fundorte verhindern eine zeitliche Einordnung und spornen
den Sammler an, möglichst viel Material zwecks Zeitbestimmung
in die Hände zu bekommen.
Der bekannte mittelpaläolithische Schlagplatz Mündling hat eine
Sonderentwicklung, da er durch osthängige Lößablagerungen der letzten Eiszeit geschützt gewesen ist, welche danach erodierten und den Schlagplatz bloßlegten. Eine bestimmte Materialform ist prägend für das mittelpaläolithische Mündling. Es sind die Knollen aus dem weinrot patinierten, splittrigen rindenglatten Hornstein aus der Bunten Brekzie.
Auf seinen Ackerbegehungen hat Dr. Elvers so manche Überraschungen
erlebt, teilweise hat er rheinischen Schiefer gefunden,
den die Landwirte wohl auf den Äckern ausgebracht haben.
Das Projekt “Mündling-Komplex“ wurde vor Kurzem mit der
Übertragung der Funde in die bayerische Staatssammlung
nach München vorerst abgeschlossen.
Dr. Wulf Kavasch vom Verein der Rieser Kulturtage dankte dem Referenten für seinen aufschlussreichen, interessanten Vortrag und bat ihn um einen Beitrag für die Dokumentationsbände. Der Vorsitzende des Heimatvereines Martin Gehring überreichte Dr. Gerd Elvers als Anerkennung für seine Ausführungen ein im Jahre 2005 entstandenes Dorfchronikbuch.